Zirkus macht Schule
Bei uns ist so schon genug „Zirkus" hört man hier und da an den Schulen stöhnen. Wer allerdings unter „Zirkus machen" nur Jux und Dollerei versteht, einen Spaß für einen Tag oder eine Woche, dem muss das, was im Projekt „Zirkus macht Schule" passiert, vielleicht wirklich spanisch vorkommen.
Nein, es ist mehr, als mal ein bisschen Clown spielen oder so tun als ob. Wer´s nicht glaubt, soll sich einfach mal auf eine Laufkugel stellen, auf ein Einrad setzen oder auf einem Rola Bola - einem Brett auf einer Rolle - das Gleichgewicht finden. Aber auch die Geschicklichkeit beim Jonglieren oder mit dem Diabolo muss erst intensiv trainiert werden, ehe es wirklich klappt. Das ist in ein paar Stunden oder Tagen nicht getan. Es bedarf, was unseren Kindern mehr und mehr abhanden zu kommen scheint - der Geduld, der Ausdauer und der Willensstärke. Es bedarf darüber hinaus der Fähigkeit, sich den Zielen der Gruppe unter zu ordnen, Verantwortung für die eigene Gesundheit und die der Artistenkollegen zu übernehmen. Und es bedarf des Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten, auch die, sich selbst richtig einzuschätzen.
Kompetenzen nennt man das. Kompetenzen sind das Grundmodell des neuen Schullehrplans. Er unterscheidet sich vom alten durch eine stärkere Orientierung auf die allgemeine Entwicklung des Kindes. Teamfähigkeit ist halt im wirklichen Leben ebenso wichtig wie die Beherrschung der Multiplikation.
Die Zirkusarbeit setzt an den Grundproblemen der kindlichen Entwicklung unserer Zeit an. Wir beklagen eine zunehmende Abnahme der Kondition und vor allem der Koordinationsfähigkeit unserer Kinder. Ältere Sportlehrer sind manchmal geradezu erschrocken über mangelnde Fähigkeiten und Fertigkeiten. Manche lehnen aber gleichzeitig alternative Methoden und Möglichkeiten ab. Zitat eines Sportlehrers nach Betrachtung eines wirklich erstaunlichen Schulzirkusprogramms:"Dann kann ich ja auch Teebeutelweitwerfen machen" - witzig, aber absolut blödsinnig, weil nicht nur die Leistung der Kinder diffamiert wurde, sondern die riesigen Potenzen dieser durchaus sportbetonten Arbeit einfach ausgeblendet wurden. Da stand zum Beispiel eine 11jährige Schülerin auf einer Laufkugel und jonglierte mit drei Keulen. Beide Übungen für sich beanspruchen schon ein Höchstmaß an Gleichgewichts- und Koordinationsfähigkeit. Was bewirkt erst die Kombination beider Übungen im Gehirn. Unter Gehirnforschern ist man sich längst einig, welch überragenden Einfluss die Entwicklung der Gleichgewichts- und Koordinationsfähigkeit auf die Tätigkeit des Gehirns, damit also auch auf die Lernfähigkeit des Schülers hat.
In Geltow - direkter Nachfolger des Jeseriger Schulzirkus - Caputh und Potsdam Waldstadt existiert seit mehreren Jahren ein Schulzirkus. Allein in Caputh sind 60 Kinder dabei, in Geltow 30, in Potsdam, vor zwei Jahren gegründet bisher 15. Jüngstes Kind der Schulzirkusfamilie ist die Alexisgrundschule in Lehnin. In diesem Jahr neu hinzugekommen üben etwa 20 Kinder in der Gruppe. Die Kinder bemerken, wie schwer der Anfang ist, welche Freude und welchen Stolz allerdings jede gelungene artistische Leistung hervorbringen kann. Nun heißt es in allererster Linie durchzuhalten.
Eines kann schon jetzt gesagt werden: Das Zirkusmobil des „kulturwust" e.V. hat sich bewährt.
„Willibald Alexis" Grundschule Lehnin
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